Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Paul Krause erklärte in der Ratssitzung am 21.07.2021 zu dem Haushaltssicherungsverfahren:

"Wie schon im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Haushalts 2021 von mir am 25. März angesprochen wurde, konnten wir damals fraktionsübergreifend Einsparungen und Einnahmeverbesserungen verabschieden, um wenigstens die nicht aus der Corona-Pandemie herrührenden Haushaltsbelastungen auszugleichen. Mit der jetzt erstellten Vorlage sollen Vorarbeiten für das Haushaltsaufstellungs-verfahren 2022 begonnen werden, über deren Ergebnisse der neu zu wählende Rat der Stadt im Frühjahr des nächsten Jahres zu befinden hat.

Dass wir als bald nicht mehr im Amte befindlicher Rat uns noch dieser Aufgabe stellen, ist nicht ganz unumstritten; wenn wir es dennoch tun, dann ist es der Ausdruck dessen, dass wir durchaus bereit sind Verantwortung bis zum Ende der Wahlperiode zu übernehmen, ohne dabei den künftigen Rat zu bevormunden.

Aber in den vergangenen Wochen sind auch mir Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses Unterfangens gekommen, und das will ich an drei Beispielen erläutern.

Zum einen haben wir Produktlisten erhalten (in der Beschlussvorlage heißt es sogar etwas vollmundig: die Gruppen und Fraktionen seien beauftragt worden), anhand deren wir die Produkte benennen sollen, die in die Konsolidierung einzubeziehen sind. Das ist zum einen ein sehr grobes Raster. Wenn es nämlich an die Detailprüfung geht, wird am Ende nichts anderes als eine Durchsicht aller Aufgaben und Ausgaben bei den Produkten stehen müssen, fast so wie bei einer Haushaltsberatung. Ob wir das bis zum Ende der Wahlperiode leisten können, weiß ich nicht. Aber an diesem Punkt sind wir heute auch noch nicht.

Zum zweiten ist, nachdem wir die Produktlisten erhalten haben, eine von der Bürgermeisterin ausgesprochene haushaltswirtschaftliche Sperre in Kraft getreten. Betrachtet man sich die darin benannten Sparpotenziale und Einsparvolumina, dann darf man schon die Frage aufwerfen, weshalb wir seitens des Rates noch Produkte auswählen sollen. Da nämlich fast durchgehend Ausgaben aus Sammelnachweisen dieser Haushaltssperre unterliegen, greift diese Maßnahme im Ergebnis bei allen Produkten. Das ist das Rasenmäherprinzip, das bekanntlich in der Summe deutliche Wirkung entfaltet.

Aber es gibt noch einen Punkt, der Anlass gibt, bei diesem Verfahren Unmut zu empfinden, und das hat mit Behauptungen der Bürgermeisterin im Rahmen des HAZ-Forums zur Kommunalwahl zu tun.

Auf Befragen hat die Bürgermeisterin erklärt, sie sehe die Ursachen für Haushaltsdefizite und den Konsolidierungsbedarf in den kommenden Jahren überwiegend in der Zeit vor ihrer Amtsübernahme und in den Folgen der Corona-Pandemie. Das mit Corona kann man ja gelten lassen, das traf und trifft alle öffentlichen Haushalte. Der Rest aber ist der Versuch einer Legendenbildung.

Obwohl acht Jahre im Amt und hauptamtlich besoldet mit der Leitung einer Verwaltung mit rund 400 Menschen befasst, wollen Sie nichts mit Haushaltsaufstellung, dem Haushaltsvollzug und der Verabschiedung der vorgelegten Haushalte zu tun haben? Den meisten Haushalten haben Sie doch selbst zugestimmt.

Ein Beispiel: Schaut man sich S. 22 im Vorbericht zum diesjährigen Haushaltsplan an, dann sieht man, dass von 2013 bis 2020 der Überschuss aus Steuereinnahmen (nach Abzug von Regionsumlage und Gewerbesteuerumlage) von 15,7 auf rund 25 Mio. € angewachsen ist; es waren die Jahre des längsten Wirtschaftswachstums und der üppigsten Steuereinnahmen in Deutschland. Das hat sich auch in unseren Haushalten niedergeschlagen. Wie aber kommen Sie dann dazu, erkennbare Haushaltsdefizite der kommenden Jahre rückdatieren zu wollen in die Zeit vor 2014? Das ist Legendenbildung.

Sie können sich nicht verstecken hinter Ihrem Amtsvorgänger und hinter diesem Rat. Sie sind selbst Teil des Rates, und als Bürgermeisterin tragen Sie auch Amtsverantwortung.

Es stimmt: Das Kollegialorgan Rat hat Haushalte zu verabschieden und hat dies auch getan. Wir haben Kredite aufgenommen, und damit haben und werden wir Schulen bauen, Kindergärten, Infrastruktur und Einrichtungen für die Menschen in dieser Stadt. Wir müssen uns nicht schämen wegen des Zustands z.B. der Schulen in unserer Stadt oder heruntergekommener anderer öffentlicher Gebäude; wir stehen zu den getroffenen Entscheidungen, weil sie richtig, notwendig und sinnvoll waren

Der Versuch, von eigener Verantwortung abzulenken, manifestiert sich auch darin, dass Sie diesem Rat Produktlisten vorlegen mit der Aufforderung, Sparbereiche zu benennen. Auch wenn wir uns dem nicht entziehen werden: Sie wollen offenbar die Verantwortung weitgehend dem Rat überlassen, um damit erklären zu können, wie wenig Sie damit zu tun hätten. Zu hören war das ja schon einige Male.

Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Von Ihnen muss man erwarten, dass Sie in Wahrnehmung von Amtsverantwortung Konsolidierungsbereiche definieren, denn das ist das operative Geschäft der hauptamtlich geführten Verwaltung. Um das zu leisten, fehlt einem ehrenamtlichen Rat vielfach die Detailkenntnis und der Einblick in die Aufgabenerledigung.

Das eigentliche Ärgernis ist also der Versuch, dem Rat und Ihrem Vorgänger einen Schwarzen Peter zuzuschieben. Bei dem Spiel werden wir nicht mitmachen."